Im kommenden Jahr soll die neue indikatorengestützte Qualitätsprüfung implementiert werden. Mit dem Ziel mehr Transparenz in der Qualitätsberichterstattung für Pflegebedürftige und Angehörige zu schaffen, begann die Entwicklung des neuen Bewertungssystems. Nun, nach Veröffentlichung des Abschlussberichts, stellt sich die Frage wieviel Transparenz wirklich hilfreich ist.
Was wird sich also ändern? Kurz gesagt: Alles
Die Pflegenoten werden komplett abgeschafft. War das Schulnotensystem für jedermann einfach zu verstehen, so wurde doch kritisiert, dass es ihm an Aussagekraft mangelte. Ein Bundesdurchschnitt von 1,2 (Newsletter Pflegenoten vdek, 2017) ist entweder ein Indiz für durchweg überdurchschnittlich gute Pflege oder aber – gemessen an der Realität – ein Bewertungssystem, das nicht funktioniert.
Das neue System soll es besser machen. Künftig besteht das Bewertungssystem aus drei Komponenten, die für die Öffentlichkeit ausgegeben werden sollen:
Qualitätsrelevante Informationen, sind allgemeine Informationen über die Einrichtung. Sie werden der Öffentlichkeit unbewertet zur Verfügung gestellt und haben sich nur im Umfang zu den Angaben des vorherigen Systems verändert.
Die Versorgungsergebnisse/Qualitätsindikatoren sind Daten, die jede Einrichtung 2x jährlich (alle Bewohner werden einbezogen) erheben und an eine neue und extra dafür geschaffene Datenauswertungsstelle (DAS) übermitteln muss. Die Daten werden durch die DAS auf ihre Plausibilität überprüft, Qualitätsindikatoren ermittelt und Einrichtungsvergleiche angestellt. Die Ergebnisse werden an die Pflegekasse gemeldet sowie an die Einrichtung übermittelt, die die Möglichkeit erhält ggf. an einer Verbesserung zu arbeiten. Zur Darstellung der Versorgungsergebnisse wird der Bundesdurchschnitt als Maß genommen und in 5 Abstufungen als Ergebnis ausgegeben.
Die Externe Qualitätsprüfung wird weiterhin durch den MDK/PKV durchgeführt. Geändert hat sich die Stichprobenauswahl, die nun 9 Bewohner einbezieht, welche zu 2/3 basierend auf den Indikatorenergebnissen ausgewählt werden. Auch im Rahmen dieser externen Qualitätsprüfung soll eine Plausibilitätsprüfung der Ergebnisse erfolgen. Die Endergebnisse dieser Prüfung werden ebenfalls der Pflegkasse übermittelt und zusammengefasst und aufbereitet mit den Ergebnissen der Indikatoren der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Die Darstellung der Externen Qualitätsprüfung erfolgt in einem 4-Punkte-System.
Zusammengefasst gibt es nun statt einer Schulnote und einem Transparenzbericht drei Ergebniskomponenten mit unterschiedlichen Bewertungssystemen.
Schaut man sich die Ergebnisdarstellungen genauer an, stellt sich die Frage, ob sie von jedem, auch Laien – die Pflegebedürftige und Angehörige in den meisten Fällen sind – auch nutzbringend gedeutet werden können. Als Beispiel ist hier bei den qualitätsrelevanten Informationen die Angabe über den Einsatz von Leiharbeitern zu nennen. Ist der Einsatz von Leiharbeitern ein Zeichen dafür, dass die Einrichtung kein festes Personal hat und Bewohner unentwegt mit wechselnden Bezugspersonen leben muss? Oder ist es ein Zeichen dafür, dass die Einrichtung sich in Zeiten des Fachkräftemangels mit Leiharbeit zu helfen weiß, um den Bewohnern stets angemessen viel Personal zu gewährleisten? Noch schwieriger zu interpretieren sind Versorgungsindikatoren wie Anwendung von Gurten zur Fixierung von Bewohnern. Selbst in Fachkreisen ist dies ein hochumstrittenes Thema, welches stets im Einzelfall betrachtet werden muss. Wie sollen Laien diesen Indikator zur Bewertung einer Einrichtung adäquat verwenden können?

Viele Informationen offerieren zwar Transparenz, ermöglichen im Zweifel aber auch viel Deutungsspielraum, der dem Laien am Ende vielleicht weniger hilft, als vielmehr verunsichert. Die Vermutung steht im Raum, dass es zwar viel Zeit und Geld kosten wird, um Mitarbeiter auf die Erhebung dieser Daten zu schulen, am Ende aber nur wenige Pflegebedürftige und Angehörige dem Bewertungssystem überhaupt viel Bedeutung beimessen. Die Nähe zum Wohnort, zu Angehörigen oder auch Empfehlung sind Indikatoren, die große Relevanz bei der Auswahl eines passenden Pflegeheims hatten und vermutlich auch behalten werden.
Für stationäre Einrichtungen bedeutet die neue indikatorengestützte Qualitätsprüfung erst einmal viel Aufwand, jedoch können die Einrichtungen, die sich schon heute mit dem neuen Bewertungssystem auseinandersetzen und sich vorbereiten, viele Teilaspekte positiv beeinflussen. Die doppelte Plausibilitätsprüfung verspricht zudem, dass Versorgungsergebnisse nicht mehr durch Falschangaben manipuliert werden können und Einrichtungen kontinuierlich an der Verbesserung möglicher schlechter Ergebnisse arbeiten müssen.
Führt die neue indikatorengestützte Qualitätsprüfung dadurch dazu, dass sich die Qualität in stationären Einrichtungen verbessert wird, ist ein großer Schritt getan; und die Frage, ob mehr Transparenz in der Qualitätsberichterstattung für Pflegebedürftige und Angehörige geschaffen wurde, kann in diesem Fall nachrangig behandelt werden.
